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- Tagebuch meiner Pragreise im August 2008 -


2. Tag, 24. August 2008

Bisher sah ich es noch relativ entspannt, aber so langsam machte ich mir doch Gedanken um die in zwei Tagen anstehende Operation. Immerhin hatte ich seit der Terminvereinbarung 18 Kg abgenommen - und was, wenn der Arzt sagen würde, dass nach der Liposuktion nun doch eine Bauchdeckenstraffung erforderlich sei? Das wäre schließlich nicht nur mit höheren Kosten, sondern auch mit einer deutlichen Narbe verbunden...
Aber erst mal wollte ich den Tag genießen! Der Himmel war bedeckt und so packte ich meinen Schirm ein, den ich aber getrost hätte im Koffer lassen können. Denn nur kurze Zeit später kam die Sonne zum Vorschein und strahlte den ganzen restlichen Tag über.

Mein erstes Ziel war das Klementium, ein ehemaliges Kolleg des Jesuitenordens aus dem Jahr 1556. Heute beherbergt es mit Kirche und astronomischem Turm unter anderem die Nationalbibliothek und ist neben der Burg das zweitgrößte zusammengehörende Gebäudeensemble von Prag. Über dem verzierten Haupteingang standen diverse Statuen und von der Seitenfassade starrten mich mehrere steinerne Fratzen an. Nachts sollen im Klementium flüsternde Stimmen und klappernde Knochen zu hören sein.


Das Klementium


Vorbei an der Karlsbrücke und dem Rudolfinum, ein Neorenaissancebau von 1876, ging ich ins jüdische Viertel, wo ich den alten jüdischen Friedhof besichtigen wollte. Auch hier drängten sich zu meinem Leidwesen wieder unzählige Menschen durch die Gassen; Prag schien mehr Touristen, als Einwohner zu haben.

Bis 1787 wurden auf dem alten Friedhof alle in Prag ansässigen Juden bestattet. Aufgrund des begrenzten Platzes mussten die Toten übereinander beerdigt werden, so dass die rund 12.000 Grabsteine heute auf unterschiedlichem Niveau dicht beieinander stehen. Das älteste Grab gehört dem Dichter Avigdor Karo und stammt aus dem Jahr 1439, die meistbesuchte Grabstätte ist die des Schriftgelehrten Jehuda Löw ben Bezalei (Rabbi Löw, gestorben 1609). Ihm wurde von der Nachwelt später die Legende vom Prager Golem angedichtet, ein künstlicher Mensch aus Ton und Lehm.

Die Legende besagt, Rabbi Löw habe den Golem eines Nachts aus dem Schlamm geschaffen, den die Moldau an ihre Ufer spülte. Um dieses Wesen zum Leben zu erwecken, musste das hebräische Zauberwort "Schem" ausgesprochen und ihm das Zeichen des Lebens in den Mund gelegt werden. Der Golem sollte Verbrechen in der jüdischen Gemeinde bekämpfen, doch eines Abends vergaß der Rabbi, seiner Kreatur das Lebenszeichen wieder zu entfernen. Der Golem befreite sich daraufhin von seinen Fesseln und entwickelte eine Zerstörungswut, dem das Haus des Rabbis zum Opfer fiel. Im letzten Moment konnte der Rabbi das Lebenszeichen wieder an sich nehmen und der Golem zerfiel zu Asche und Staub. Der Sage nach ruhen seine unsterblichen Reste unter dem Ziegelgiebel der Altsynagoge.

Der Eintritt zum Friedhof koste umgerechnet fast 12,50,- Euro, die Fotogenehmigung nochmals extra. Da soll noch einer behaupten, Tschechien sei billig... Frei bewegen konnte man sich auch kaum; einerseits aufgrund der größtenteils abgesperrten Wege, andererseits wegen der vielen Touristen.

Die älteren Grabsteine waren aus Sandstein, neuere aus Marmor. Neben den hebräischen Schriftzeichen fanden sich hier und da diverse in den Stein gehauene Symbole und Tiere, wie Pferde, Löwen und Fische. Zwischenzeitlich unterhielt ich mich mit einem Mann und ließ mir die Bedeutung der vielen kleinen Steine und Zettel erklären, die auf manchen Grabsteinen lagen. Nach dem jüdischen Glauben erfüllt der Tote dem Besucher einen Wunsch, wenn er einen Stein auf seinem Grab hinterlegt, manche notieren ihre Wünsche zudem auf einem Zettel, der von Menschenhand nicht entfernt werden darf.


Alter Judenfriedhof

Im Anschluss besichtigte ich noch vier der insgesamt sechs Synagogen, aber dann hatte ich auch genug. Irgendwie ähnelten sie sich ja doch mehr oder weniger und mit den ganzen Ausstellungsstücken hinter Glas konnte ich eh nicht wirklich viel anfangen.
Am punkvollsten war sicherlich die etwas abseits gelegene Spanische Synagoge, die ab 1868 an der Stelle des ersten jüdischen Prager Bethauses erbaut wurde. Da überall Fotoverbot-Schilder hingen, ging ich zu einer Aufseherin und fragte sie, ob ich dennoch ein Bild der Halle machen dürfe. Sie bejahte dies und meinte, ich dürfe lediglich die verglasten Ausstellungsstücke nicht fotografieren. Als ich mich jedoch auf die Empore stellte, um die erfragte Aufnahme zu machen, kam genau diese Aufseherin auf mich zu und wies mich streng darauf hin, dass das Fotografieren nicht erlaubt sei. Dass ich sie kurz zuvor noch danach gefragt hatte, stritt sie vehement ab. Es gibt schon merkwürdige Leute...


Links die Spanische Synagoge, rechts eine Kafka-Statue vor der Spanischen Synagoge

Franz Kafka, einer der größten Vertreter der Prager deutschen Literatur,  war hier allgegenwärtig. Geboren wurde er 1883, 1924 verstarb er in Folge einer Lungentuberkulose. Viele seiner Werke hat er nie beendet. Zu Lebzeiten kannte ihn kaum jemand, heute ist der Dichter und sein Name - ob in Cafes, Buchläden, auf T-Shirts, Plakaten oder als Statue - aus dem Stadtbild kaum noch wegzudenken.

Nun hatte ich erst mal genug vom Laufen! Ich brauchte eine Pause und entschied mich für eine Bootstour, um Prag auch aus einer anderen Perspektive sehen zu können. Wieder um umgerechnet 12,- Euro ärmer stieg ich ein und ließ mich von den Eindrücken berieseln. Mit gut einer Stunde dauerte die Fahrt länger als erwartet und die englische Führung berichtete währenddessen alles Wissenswerte über die Karlsbrücke, die Burg und die Stadt.


Eindrücke während der Bootstour durch Prag


Links das Prager Metronom
(ständig in Bewegung, wurde es von Studenten als Zeichen für den Wandel und gegen den Stillstand entworfen)


Der "Teufelsbach"


Das Zeichen zeigt den Wasserstand bei der großen Flut im Jahr 2002


Am Teufelsbach

Nachdem ich etwas gegessen hatte, setzte ich mich ans Ufer und wusste nicht so recht etwas mit mir anzufangen. Ich durchstöberte meinen Reiseführer und entschied mich für die Festung Vysehrad, die ich ursprünglich für den nächsten Tag eingeplant hatte. Ich lief am Moldauufer entlang, vorbei am "tanzenden Haus", und lief, und lief. Dass ein paar Zentimeter auf der Karte derart weit sein können. Aber meine Oberschenkel waren eh noch zu dick, und die würden schließlich nicht abgesaugt (dachte ich zumindest...) ;-)


Oben: das tanzende Haus

Nach 50 Minuten hatte ich endlich mein Ziel erreicht und legte vor der Festung erst mal eine Verschnaufpause ein. Belegt ist die Bebauung des Felsens oberhalb der Moldau bereits ab dem 10. Jahrhundert. Ende des 12. Jahrhunderts wurde der Herrschersitz auf die Prager Burg verlegt, aber der Vysehrad behielt seine strategische Bedeutung. Seine heutige Gestalt erhielt der barocke Festungskomplex, auf dem sich unter anderem ein Ehrenfriedhof und eine Kapitelkirche befinden, im 17. Jahrhundert.

Statuen blickten mit traurigen Gesichtern zu Boden, steinerne Hände mit tiefen furchen streckten sich verkrampft in den Himmel - Der Ehrenfriedhof erinnerte mich ein bisschen an den Wiener Zentralfriedhof, wenngleich deren Ausmaße nicht zu vergleichen waren.


Ehrenfriedhof auf dem Vysehrad

Ich durchquerte die Festung, als ich auf der anderen Seite die Ruine eines ehemaligen Wachturms aus dem 15. Jahrhundert entdeckte. Eine Legende berichtet, dies sei das Bad der Libuse gewesen, die in Sagen für den Anfang der böhmischen Geschichte steht. Allerdings war die Ruine regulär nicht zu erreichen, so dass ich kurzerhand über die Absperrung kletterte, um auch von nahem Fotos machen zu können. Aufgrund des steilen Felshangs nicht unbedingt die klügste Entscheidung, wie ich mir schließlich selbst eingestehen musste.


Festung Vysehrad. Links das Ziegeltor im Norden


Links das östliche Leopoldstor aus dem Jahr 1678, rechts die Südwestecke mit der Wachturm-Ruine


Die St.-Martins-Rotunde aus dem 11. Jahrhundert und Blick über die Ruine des Wachturms auf die Moldau


Die Kirche St. Peter und Paul (Kostel sv. Petra a Pavla), auf den Fundamenten einer romanischen Basilika

Nachdem ich die Festungsmauern komplett umrundet hatte, inzwischen war es 19.00 Uhr, hatte ich genug für heute und machte mich auf den Rückweg. Ich ging noch etwas einkaufen und fuhr anschließend mit der Straßenbahn in Richtung meiner Pension. Der Anschlussbus fuhr mir allerdings vor der Nase weg, so dass ich den Rest des Weges letztendlich zu Fuß den Berg hinauf lief.


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