Vampirgruft

 

 
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Tag 3, 24. Mai 2010

 Erstmalig wachte ich um 5.30 Uhr auf, konnte dann aber wenigstens noch mal bis 7.00 Uhr weiterschlafen. Wie sich bei Tageslicht herausstellte, stand ich nicht wie gedacht neben, sondern IN einer Apfelplantage. Der vermeintliche Feldweg entpuppte sich letztendlich als Reifenspuren eines Traktors. Nur gut, dass uns an dem Morgen kein Bauer gesehen hat.

Nach der obligatorischen "Dusche" mit Wasserflaschen und Feuchttüchern war ich zwar leicht verfroren, aber zumindest wach. Sicherheitshalber kontrolliert ich nochmals den Ölstand und füllte etwas nach, da mein inzwischen über 21 Jahre altes Auto mittlerweile einen doch merklichen Ölverbrauch aufweist. Aber immerhin hat es mich trotz mancher Macken und Dellen noch nie im Stich gelassen und leistet mir auf Touren nach wie vor stets gute Dienste.

Es dauerte keine fünf Minuten und wir hatten das Kastell v. I. (H.) aus dem 18. Jahrhundert erreicht. Zu unserer Überraschung kam uns bei unserer Ankunft bereits eine andere Urbexerin aus dem Schloss entgegen. Der frühe Vogel fängt den Wurm. ;-)
Da auf dem bewohnten Grundstück nebenan Leute waren und sich Stimmen näherten, ließen wir uns für die Aufnahmen letztendlich allerdings viel zu wenig Zeit und konnten deshalb innen nicht alles sehen. Auch wenn dies manche anders handhaben, aber mir sind wenige Aufnahmen lieber, als ein unnötiges Risiko einzugehen.




Der Zugang zum letzten Schloss unserer Reise war unerwartet einfach, ein Anwohner erlaubte uns ausnahmsweise das Betreten des Grundstücks und öffnete uns für Außenaufnahmen das Tor. Im Inneren gab es allerdings auch nichts mehr als kahle Mauern, wie wir durch die rückseitig gänzlich offenen Fensterhöhlen gut sehen konnten. Bereits 1312 stand hier ein Kloster, das im 18. Jahrhundert zum Schloss umgebaut wurde. 1974 wurde das Kasteel van Henegouw durch einen Brand zerstört und ist seitdem Ruine.


Das nun folgende Ziel erwies sich als das spannendste und abenteuerlichste dieser Tour. Bereits vor 2000 Jahren wurde hier im Tagebau Mergelgestein abgetragen, ab dem 15. Jahrhundert zum Bau von Häusern und Kirchen auch untertage. So entstand ein verzweigtes Gangsystem von mehreren hundert Kilometern, das sich in 10 bis 30 Metern Tiefe durch den Berg zieht, davon alleine rund 300 Km auf belgischer Seite. Was im ersten Moment unglaublich erscheint, wird letztendlich erst verständlich, wenn man sich die Pläne der einstigen Mergelgruben anschaut, die das Zustandekommen solcher Längen deutlich machen. Hierfür die Karte einer der drei Gruben:

Noch heute ist der Zugang stellenweise möglich, wenn auch alles andere als ungefährlich. So gingen 1993 drei Jungen in das Höhlensystem und wurden erst drei Wochen später gefunden. Und immer wieder brechen Steine aus den 10 Meter hohen Decken oder ganze Passagen stürzen ein. Um so erstaunlicher erscheint es, dass die belgische Regierung bis heute lediglich einen kleinen Teil der Zugänge verschlossen hat. Es ist wohl verständlich, dass ich die Lage der Gruben hier nicht nenne und diese auch nicht weitergebe.

Bewaffnet mit Getränken, Taschenlampen und einem Batterie-Vorrat, der mehrere Tage ausgereicht hätte, stiegen wir bei sonnigen 26°C den Berg hinauf und begaben uns auf die Suche nach der ersten Grube. Der Eingang war überraschend leicht zu finden, doch klaffte vor uns ein rund fünf Meter tiefer Abhang, den wir ohne entsprechende Ausrüstung nicht hätten hinunter klettern können und dazu auch nicht gewillt gewesen wären. Zumindest ein kleinerer Seiteneingang war offen, in diesem versperrte jedoch ein Gitter die weitere Erkundung, so dass hier lediglich zwei halbverschüttete Kammern zugänglich waren. Ein drittes Portal war zwar nur bis zur Hälfte vergittert und hätte theoretisch überwunden werden können, doch selbst wenn dieses nicht ebenfalls in der auf der anderer Seite zugänglichen Kammer geendet hätte, hätten wir davon sicherheitshalber abgesehen.


Wir wollten die Höhle gerade wieder verlassen, als sich von außen Stimmen näherten. Ein zugegeben etwas mulmiges Gefühl. Es handelte sich jedoch lediglich um andere Urbexer, die wir schließlich zur zweiten Grube begleiteten. Es war nicht ihr erster Besuch und sie führten uns u.a. zu einem Brunnen und einem in die Wand gearbeiteten Maya-Relief. Zudem unterstützen sie uns netterweise mit ihren stärkeren Lampen bei der Ausleuchtung unserer Fotos. Leider mussten sie irgendwann gehen und ihre Rückfahrt nach Deutschland antreten. So folgten wir ihnen zum Ausgang, "malten" auf dem Weg Pfeile in den staubigen Boden und erforschten einen kleinen Teil der Gänge später nochmals auf eigene Faust. Einer der Durchgänge glich optisch den Umrissen einer Geige, an den Wänden fanden sich immer wieder Zeichnungen sowie eingeritzte Gesichter und Fratzen. Wer weiß, was sich in der Vielzahl von Gängen, die wir nicht gesehen haben, noch alles an Kunstwerken verbirgt? An manchen Stellen befinden sich gar altertümliche Höhlenmalereien und mittelalterliche Zeichnungen, die wir allerdings leider nicht fanden; zumal wir nicht wussten, in welcher der drei Gruben diese sind. Wichtig zu wissen ist, dass sich die Eingänge aller Schächte auf der Ostseite des Berges befinden, einen Kompass sollte man zur Sicherheit also in jedem Fall dabei haben. Ebenso einen Pulli, denn in Kühle des Berges war von den heißen Außentemperaturen rein gar nichts mehr zu spüren.




Die dritte Mergelgrube hat gleich mehrere offene Eingänge; einen mit steilem Pfad im Osten und einen weiteren mit leichtem Weg im Südosten des Berges. Von letzterem wussten wir anfangs jedoch nichts und so kletterte ich das kurze Stück den Hang hinauf. Leider versäumte ich es, von den drei höher gelegenen Portalen, die mit Abstand die imposantesten aller Zugänge waren, eine Außenaufnahme zu machen. Miri wollte erst unten bleiben, entschied sich glücklicherweise aber dann doch dazu, mir zu folgen.

Auch hier fanden sich an den Wänden eine Vielzahl von Skulpturen - Gesichter, eine Burg, Schädel, geometrische Formen und vieles mehr. Ärgerlicherweise waren diese Höhlen, im Gegensatz zu den anderen beiden Gruben, an vielen Stellen großflächig mit Graffiti beschmiert. Teelichter, Getränkedosen und Müll zeugten zudem von unzähligen hier abgehaltenen Partys. Auch Pfeile in allen Farben und Richtungen waren bis in die Tiefen der Gruben an die Wände gesprüht; derart verwirrend, dass man sich kaum noch danach richten konnte. Ich orientierte mich an einem weißen Pfeil, der aufgrund eines Punktes an dessen Ende noch ein wenig heraus stach, um letztendlich nicht völlig planlos durch die verzeigten Schächte zu laufen. Irgendwann endeten diesen Pfeile jedoch, sodass wir schließlich den Rückweg antraten. Dabei flatterten, wie schon in den anderen Gruben zuvor, mehrfach Fledermäuse an uns vorüber. An dieser Stelle die Anmerkung, dass Höhlen, Schächte und dergleichen zum Schutz dieser Tiere von Ende Oktober bis Ende März generell nicht betreten werden sollten! Andernfalls besteht die Gefahr, dass die Fledermäuse aus ihrem Winterschlaf erwachen und daraufhin verenden, da sie in den Wintermonaten keine Insekten zum Fressen finden.

Am Eingangsportal trafen wir einen ortsansässigen Mann, der mit seinem Hund den Abhang hinaufgestiegen war. Wir unterhielten uns eine Weile mit ihm und er berichtete von dem leichteren Ausgang im Südosten, den er uns gerne zeigen wollte. Dabei orientierte er sich an Fahrradspuren im Staub, die seiner Erzählung nach von den zeitweise hier stattfindenden (wenn auch nicht ganz legalen) Führungen stammten. Allerdings waren die Reifenabdrücke zwischen den unzähligen Fußspuren stellenweise nicht mehr zu sehen, so dass auch er ein paar Mal den falschen Weg einschlug. Letztendlich fanden wir aber doch wieder nach draußen, wo ich wenigstens noch ein Bild des kleineren Zugangs im Südosten machte.

Wieder im Licht des endenden Tages angekommen schauten wir auf die Uhr und stellten fest, dass wir uns insgesamt über neun Stunden in den drei unterirdischen Gruben aufgehalten hatten...!




Ursprünglich sah unsere Planung vor, heute wieder zurück zu fahren. Dazu hatten wir allerdings so gar keine Lust und da wir beide noch Urlaub hatten, entschieden wir uns spontan dazu, die Tour um einen weiteren Tag zu verlängern.

Die Urbexer, die wir anfangs in der ersten Grube trafen, hatten uns noch von einem nahe gelegenen Tunnel erzählt, den wir nun als nächstes aufsuchen wollten. Laut ihrer Aussage handelte es sich hierbei um einen Bahntunnel, die Beschaffenheit der grob behauenen Wände und die anfangs geringe Höhe ließen jedoch eher auf eine andere Nutzung schließen. Die gesamte Länge von knapp 2 Km wollten wir nicht mehr durchschreiten, aber zumindest etwa das erste Drittel nahmen wir uns vor. Wie sich herausstellte, handelte es sich um ein doppeltes Gangsystem, an dessen Eingang ein altes, verrostetes und in sich zusammengebrochenes Auto stand. Mittels Taschenlampen, farbigem Licht und Mehrfachbelichtungen gestalteten wir unsere Aufnahmen.


Es war längst dunkel, als wir den Tunnel wieder verließen. Bevor wir weiterfuhren, legten wir noch eine kurze Pause an einer Brücke ein und schauten aufs Wasser, in dem der Mond sich spiegelte.

Trotz des wenigen Schlafs waren wir noch überraschend fit und so setzten wir mit der "Teufelsgrotte" noch einen weiteren Ort aufs Programm. Woher die kleine, künstlich angelegte Höhle ihren Namen hat, ist mir nicht bekannt. Der Form der Gänge nach zu urteilen, könnte auch dies einst der Anfang einer Grube gewesen sein, deren Ausbau man schließlich nicht mehr weiter verfolgte. Aber das sind nur Mutmaßungen.

Zwar war Mitternacht längst vorüber, doch wie schon an der Atlantikküste spendete der helle Mond genügend Licht, so dass wir auch ohne eingeschaltete Taschenlampen den Weg gut erkennen konnten. Tatsächlich war der Himmel auf dem ersten Foto-Versuch in Langzeitbelichtung derart hell, dass es fast wie eine Aufnahme bei Tag erschien. Ich schraubte daraufhin die Belichtung zurück, um den Nachteffekt auf den Bildern nicht gänzlich zu zerstören.


Auf der darauffolgenden Suche nach einem geeigneten Schlafplatz begegneten wir einem Bauern, der mitten in tiefster Nach im Licht seines Traktors ein Feld mit einer Handpumpe besprühte. Sehr seltsam. Illegales Insektizid? Schlafwandler? Oder wollte er gar die Ernte eines ungeliebten Mitbewerbes vereiteln?

Ich hatte meinen Zenit überschritten und wollte jetzt einfach nur noch schlafen. Egal wo! Nach ergebnisloser Irrfahrt stellte ich mich schließlich auf eine Einbuchtung am Straßenrand, wir krochen in unsere Schlafsäcke und fielen nur kurz darauf in Tiefschlaf. Ein langer, anstrengender und abenteuerlicher Tag endete - um 3.13 Uhr.

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