Vampirgruft

 

 
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4. Tag
Mi. 24. Juli 2019

Nach dem Einkaufen fuhren wir zu dem kleinen Dorf Nades, zu dem erneut nur ein unbefestigter Feldweg führte. Aber zumindest war dieser nicht in einem derart schlechten Zustand wie der gestrige. In Nades waren auf einer meiner Karten gleich zwei Kirchenruinen eingezeichnet; eine davon am Ortseingang, die andere mitten im Dorf. Während die Ruine der Kapelle am Waldrand so langsam von der Natur zurück erobert wurde, hatte man bei der Kirchenruine im Ort eine neue Seitenmauer hochgezogen, die optisch nicht so wirklich zum Rest passen wollte.



Die Kirchenruinen von Nades


Die Weiterfahrt zum nächsten Ziel verlief wiederum über teils holprige Nebensträßchen. Das Tor auf der Vorderseite der einstigen Adelsresidenz war verschlossen, aber auf der Rückseite führte ein bereits ziemlich verwachsener Pfad auf das Gelände. Die Türen und Fenster entlang des Weges waren verschlossen oder verbarrikadiert. Also schlugen wir uns durch Büsche und Gestrüpp, und fanden auf der anderen Seite einen Zugang. Im Inneren mussten wir über die Trümmer eines teilweise eingestürzten schmalen Korridors des Seitenflügels klettern, um in die Eingangshalle des Haupthauses mit Galerie und Kamin zu gelangen.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ging das Anwesen an eine Adelsfamilie über, die zuvor nach Ungarn ausgewandert war. Die Familie war eine der wenigen Ausnahmen, welche die rumänische Aristokratie im ehemaligen Ungarn repräsentierten, und die - mit berühmten Gelehrten, hochrangigen Politikern und Offizieren - eine der angesehensten Adelsfamilien in der gesellschaftspolitischen Szene des österreichisch-ungarischen Reiches war. Nach dem Hinzufügen von zwei Flügeln bauten die Erben und Nachkommen des Eigentümers das Hauptgebäude weiter aus und errichteten auch Ställe sowie ein weiteres Haus für die Bediensteten. Der letzte Nachkomme der Familie wurde Großmeister der Royal Hunters. 1908 gestaltete dieser die Innenräume neu und schuf einen weitläufigen, malerischen Park. Nach der Enteignung durch das kommunistische Regime diente der Gebäudekomplex unter anderem als Krankenhaus für Neuropsychiatrie und zuletzt als Tuberkulose-Sanatorium. In den Folgejahren nach dessen Schließung wurde das Interieur teilweise entfernt, teilweise gestohlen. Das Gebäude geriet immer mehr in Vergessenheit und verfiel aufgrund mangelnder Nutzung. Leider ist das Schloss heute in einem sehr schlechten Zustand und einige Teile des Gebäudes sind bereits eingestürzt.



Reședința nobilă abandonată


Im Anschluss standen die verwilderten Ruinenreste der Cetatea Bulci auf dem Plan. Vorbei am außerhalb des Dorfes gelegenen Friedhof, verlief der Weg über idyllische Wiesen mit Ziegenherde, während wir uns an den zugewachsenen Fundamenten durch Dornen und Brennnesseln kämpfen mussten.

Mutmaßlich gehörte die Burgstelle zeitweilig zu einer befestigten, der Jungfrau Maria geweihten Benediktinerabtei (erstmals 1225 urkundlich erwähnt, heute verschwunden). Die geringen, heute noch sichtbaren Mauerreste werden auf das 16. Jh. datiert. Die Ruine der kleinen, einst fünfeckigen Befestigung mit umlaufendem Wall und einem Durchmesser von 140 m wurde 1871 abgerissen, die Steine wurden zum Bau der Friedhofsmauer verwendet. Bei archäologischen Untersuchungen in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre wurden Spuren verkohlter Holzbalken sowie Keramiken aus dem 10. - 12. Jh. gefunden.



Cetatea Bulci


Die Strecke zum nächsten Programmpunkt bezifferte mein Navi auf gut 150 km, aber das hat in Rumänien nur bedingt etwas zu bedeuten. Rechnet man hierzulande für 100 km mit etwa einer Stunde Fahrt, muss man in Rumänien dafür aufgrund oftmals kurviger, steiler und schlecht ausgebauter Straßen meist die doppelte oder gar noch mehr Zeit einplanen. So benötigten auch wir in diesem Fall für die 150 km über dreieinhalb Stunden, während denen wir einen Zwischenstopp am Cula de la Deta (erbaut im 19. Jh. von der ungarischen Adelsfamilie Karacsonyi) und dem verlassenen Conacul Gyertyánffy-Andor in Giera einlegten.

Das Herrenhaus wurde 1795 erbaut, ein weiteres Adelshaus der Familie aus dem Jahr 1825 im Ort existiert nicht mehr. Beide Herrenhäuser verfügten über umfangreiche Bibliotheken mit insgesamt 6.000 Büchern. Das große Getreidelager, das zum zweiten und heute verschwundenen Gut gehörte, wurde Mitte des 19. Jahrhunderts erbaut.

Zudem machten wir einen weiteren Fotostopp für Fernaufnahmen der Cetatea Sannicolau de Beius, an dessen Burgstelle aus dem 13. Jh. heute nur noch der ruinöse Turm der Kirche steht.



Cula de la Banloc / Turnul de la Deta


Conacul Gyertyánffy-Andor in Giera


Cetatea Sânnicolau de Beiuş


Als wir endlich unserem eigentlichen Ziel näher kamen, dämmerte es bereits. So verschoben wir die Besichtigung der Cetatea Finis auf den nächsten Tag, ließen eine weitere Burgruine notgedrungen komplett aus (der Umweg wäre am Folgetag schlicht zu groß gewesen) und machten uns auf den Weg zu unserem Hotel "Pensiunea Mirela" in Chiscau. Dort angekommen, wartete am Parkplatz zu unserer Verwunderung ein Fahrer, um unser Gepäck zu einem höher gelegenen Neubau zu fahren. Zuerst dachte ich, dass eine andere Unterkunft hier Gäste "abgreifen" wolle; es stellte sich jedoch heraus, dass das eigentlich von mir gebuchte Hotel voll war und wir deshalb in einem Nebengebäude einquartiert werden sollten. Hierbei handelte es sich zu meiner Verärgerung allerdings größtenteils um einen (offenbar eher selten genutzten) Rohbau, der keinesfalls der von mir gebuchten Zimmerkategorie entsprach. Klimaanlage, Minibar, WLAN usw. waren nicht vorhanden, und im Flur & Treppenhaus gab es kein funktionierendes Licht (im Grunde hätte mich das alles nicht sonderlich gestört; aber dass wir trotz dessen den vollen Preis für die ursprünglich gebuchte Zimmer-Kategorie bezahlen mussten, war unverschämt!). Als ich später noch mal nach draußen wollte, um etwas aus dem Auto zu holen, musste ich zudem feststellen, dass man uns hier eingeschlossen hatte (wohlgemerkt, ohne dass wir einen Schlüssel für die Eingangstür bekommen hatten)! Im Falle eines Feuers o.Ä. hätte das fatal werden können... Es war weit und breit niemand zu finden, scheinbar waren wir die einzigen Personen in diesem Gebäude. Und Handy-Empfang gab es hier auch nicht, sodass ich jemanden zum Aufschließen aus dem Haupthaus hätte rufen können. Ich kletterte daraufhin kurzerhand durch ein Fenster, um meine restlichen Sachen aus dem Auto zu holen (im tiefer gelegenen, eigentlichen Hotel war zu diesem Zeitpunkt übrigens auch niemand mehr anzutreffen)...

Ändern konnten wir es jetzt eh nicht und es gibt Schlimmeres, also machten wir das Beste daraus. Wenigstens war das Zimmer mit geräumigem Bad sauber, und das Rauschen des nahe gelegenen Baches wiegte uns schließlich sanft in den Schlaf.


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