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3. Tag
Di. 23. Juli 2019

Trotz des eher schlichten, kleineren Hotels erwartete uns am Morgen zu unserer freudigen Überraschung ein wirklich sehr gutes Frühstück, das uns auf Bestellung in einem gepflegten Nebengebäude serviert wurde.
Gut gestärkt schauten wir als erstes bei einer aufgegebenen Synagoge vorbei. Der Schlüsselwärter, den ich zuvor angeschrieben hatte, war bedauerlicherweise in Urlaub, und er durfte den Schlüssel laut seiner Aussage an niemand anderen weitergeben, der uns hätte aufzuschließen können. Vor Ort entdeckte ich seitlich ein offenes Fenster, dieses war allerdings zu hoch, als dass ich hätte einfach hineinklettern können. Ich wollte jedoch wenigstens einen Blick ins Innere werfen, und so lieh ich mir (dank Übersetzungs-App) eine Leiter bei einer Nachbarin (die zu meiner Verwunderung gar kein Problem damit hatte, dass ich an das Fenster wollte, sondern erfreulicherweise sehr hilfsbereit war). Ich stand gerade auf der Leiter, als plötzlich ein mit "Securitate" (Sicherheitsdienst) beschrifteter Wagen neben der Synagoge anhielt, ein mürrisch dreinblickender Mann ausstieg und uns nicht mehr aus den Augen ließ. Somit hatte sich eine evtl. Innenbesichtigung ärgerlicherweise leider erledigt, weshalb ich nur ein Foto durch das Fenster machte und der Nachbarin dankend ihre Leiter zurückgab. Schade, aber ich werde sicherlich irgendwann wiederkommen, in der Hoffnung, dass der Schlüsselhalter dann Zeit hat.



aufgegebene Synagoge
 

In einem Supermarkt deckten wir uns mit Verpflegung und Getränken ein, für Straßenhunde kaufte ich zudem einen großen Sack Hundefutter, bevor wir uns auf den Weg zu einem verfallenen Mausoleum machten, auf das ich während der Reiseplanung aufmerksam wurde. In dem abgelegenen Dorf angekommen, wurden wir von den Nachbarn neugierig beäugt, offenbar verirren sich nur äußerst selten Touristen hier hin. Das eiserne Tor war nicht verschlossen, die Tür ins Innere des imposanten Bauwerks hingegen schon. Ich schlug mich durch dicht verwachsene Dornenhecken auf die Rückseite, wobei ich mir beide Arme an den spitzen Dornen aufriss. Ein seitlicher Torbogen oberhalb einer eingestürzten Steintreppe endete in einem kleinen Raum und auch auf der anderen Seite fand sich leider kein Zugang. Bei einem letzten Versuch auf der Rückseite kam ich zwar ebenfalls nicht in die Halle des Monuments, stieß versteckt hinter Büschen jedoch auf die Grabkammern unterhalb der Kirche. Im Inneren war es sehr dunkel, per Stativ und Langzeitbelichtung konnte ich aber trotzdem eine halbwegs brauchbare Aufnahme machen. Wieder im Tageslicht vor dem Mausoleum angekommen, war uns inzwischen ein Mann von der Straße aus gefolgt, der mit zotteligen Haaren und ungepflegter Kleidung einen etwas dubiosen Eindruck auf uns machte. Ich sprach ihn freundlich an und fragte ihn (sowohl mit rumänischen Wortbrocken, als auch auf Deutsch und Englisch) nach dem Schlüssel. Er reagierte allerdings gar nicht, sondern blieb einfach regungslos stehen. Also ging ich zu der Tür, zeigte auf das Schloss und fragte nochmals in gebrochenem Rumänisch "Innen fotografieren. Wo Schlüssel?", woraufhin er nur apathisch mit dem Kopf schüttelte.
Im Internet hatte ich jedoch Innenaufnahmen gesehen; und irgendwer musste ja den Schlüssel haben, dachte ich mir. In einem Kiosk gegenüber des Mausoleums wollte ich mich danach erkundigen, als von dort ein anderer Mann auf uns zukam und uns ansprach. Kurz darauf holte er eine freundliche Dame hinzu, die sogar deutsch sprach. Leider konnte aber auch sie uns trotz Nachfrage nicht sagen, wer den Schlüssel haben könnte. Dennoch wurde es ein nettes Gespräch und wir bekamen zur Weiterreise sogar noch eine Flasche Cola aus dem Kiosk geschenkt, für die man von uns partout kein Geld haben wollte. Die Hilfsbereitschaft, die ich schon so oft in Rumänien erfahren durfte, berührt mich jedes Mal aufs Neue.
Dass mir das Mausoleum nicht aus dem Kopf gehen sollte und ich es in gut einer Woche nochmals aufsuchen würde, erwies sich als äußerst positiv; doch dazu später...



Mausoleu abandonat


Für das nächste Ziel unserer Begierde, ein verlassenes Adelshaus, machten wir einen Abstecher nach Serbien. Die Fahrt dorthin dauerte deutlich länger als erwartet und die lustlosen Wächter an dem kleinen Grenzübergang ließen uns (offenbar absichtlich) ebenfalls sehr lange warten. Nach Kontrolle unseres Autos und einer Befragung (Serbien ist kein Mitglied der EU) erreichten wir in einem kleineren Ort das
aufgegebene Schloss.

Erbaut wurde das Anwesen 1859 von Giorgio Foeni Moconji, dem Mitglied einer Adelsfamilie rumänischer Abstammung. Nachfolgerin wurde seine Tochter Georgina, die spätere Ehefrau von Rudolf Bisingen-Nippenburg, Graf einer württembergischen Adelsfamilie.
Die seitlichen, äußeren (und heute leider leeren) Nischen waren einst mit Skulpturen verziert, die Fassade mit Blick auf den Park ist geprägt von Historismus und Romantik. Im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert befanden sich im Schloss eine umfangreiche Bibliothek mit mehreren tausend Bänden sowie eine interessante Sammlung von Porzellan und antiker Möbel. Rudolf Bisingen beauftragte die Möbelfabrik "Ländel Lerinc" in Szeged und Arad mit der Dekoration des Schlosses. Das Gebäude war einst von einem üppigen Garten umgeben, mit einem Teich, einem Brunnen, einem Bach samt Brücken sowie seltenen und exotischen Pflanzenarten. Nach dem Beginn einer neuen Epoche in den 1930er Jahren befand sich das Anwesen in einer schwierigen Situation. Familienmitglieder lebten noch bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs im Schloss, bis es schließlich durch Enteignung in staatliches Eigentum überging. Anschließend wurde das Gebäude mitunter als Waisenhaus und zuletzt als Büro einer landwirtschaftlichen Genossenschaft genutzt, bis es aufgrund mangelnder Pflege und Plünderungen mehr und mehr zerfiel.

Vor dem Schloss stand ein kahler, knochiger Baum und von außen machte das Anwesen einen recht düsteren Eindruck, was mir für meine Fotos sehr entgegen kam. Im Inneren waren leider bereits mehrere Bereiche eingestürzt und der Westflügel nicht mehr begehbar. Gegen Ende meiner Erkundung stieß ich im Erdgeschoss auf ein Zimmer, dessen Tür sich nicht öffnen ließ. Auf der anderen Seite dieses Raumes war eine weitere Tür, die durch ein großes, quer liegendes Holzbrett versperrt war. Neugierig geworden räumte ich es zur Seite, öffnete die Tür und blickte geschockt auf ein paar nackte, gelblich-schmutzige Füße. Im ersten Moment dachte ich tatsächlich an eine Leiche, mein Herz schlug mir bis zum Hals. Glücklicherweise war dem jedoch nicht so, sondern es handelte sich um einen Obdachlosen, der sich zuvor nicht bemerkbar gemacht hatte, bis er urplötzlich einen lauten Schrei losließ. Erschrocken verließen wir daraufhin schnellen Fußes das Schloss, ohne dass der Mann uns folgte.



Verlassenes, serbisches Schloss aus dem Jahr 1859


Bereits auf der Hinfahrt sahen wir auf serbischem Gebiet eine Burg, die wir als nächstes aufsuchen wollten. Als wir näher kamen erkannten wir aber, dass die Befestigung, zu der man nicht hochfahren konnte, optisch äußerst unschön von mehreren Antennen und Sendemasten umgeben war. Der Aufstieg und eine Besichtigung hätte sich demnach kaum gelohnt, und so fuhren wir auf kleinen Nebensträßchen wieder zurück nach Rumänien.

Auf dem Tourplan standen ursprünglich noch vier weitere Ziele. Uns war jedoch bewusst, dass wir diese zeitlich nicht mehr alle schaffen würden, sodass wir uns für das Conacul Gudenus in dem abgeschiedenen Dörfchen Gad entschieden, das ohne allzu große Umwege auf dem Rückweg Richtung Hotel lag. Die "Straße" dorthin unterzog mein Auto allerdings einer ziemlichen Prüfung... Der erste Weg, den mein Navi anpeilte, erwies sich als definitiv unbefahrbar, weshalb ich umkehrte und eine andere Straße versuchte. Auch hierbei handelte es sich um einen unbefestigten Feldweg, auf dessen tiefen Spurrillen und Schlaglöchern wir während der 9 km trotz Schritttempo ziemlich durchgeschüttelt wurden und wiederholt aufsetzten. Ich wusste nicht einmal, was uns vor Ort erwarten würde - im Internet hatte ich lediglich ältere Fotos des vormaligen Herrenhauses gefunden (erbaut im Barockstil, aus dem frühen 19. Jahrhundert, zuletzt als Dorfschule genutzt). Entsprechend groß war unsere Enttäuschung, dass von dem Anwesen (das auf den alten Aufnahmen zwar schon Ruine war, aber mit Säulenbögen und Stuckrosetten noch vergleichsweise gut aussah) nur noch verwilderte Ruinenreste existierten. Der Giebel und das obere Stockwerk waren längst eingestürzt und die Mauern inzwischen so eingewachsen, dass von der einstigen Schmuckseite gar nichts mehr erkennbar war; geschweige denn, dass man das Anwesen bei diesem Bewuchs noch hätte betreten können. Nun gut, letztendlich ein weiteres historisches Gebäude, dass ich auf meiner Karte als "besucht" markieren konnte. Und immerhin freuten sich die von mir gefütterten Straßenhunde im Dorf.

Zwischenzeitlich kamen zwei der wenigen hier verbliebenen Dorfbewohner auf uns zu, eine Frau sprach wiederum deutsch. Es läge Jahre zurück, dass sich zuletzt Touristen hierher verirrt hätten, erzählte sie mir. Ein ungarischer Baron wäre vor mehreren Jahren einmal dort gewesen, dieser zeigte sich jedoch enttäuscht über den Zustand des Adelssitzes und gab seine Pläne schnell auf, es evtl. renovieren zu wollen.
Während wir dort standen, flog ein Flugzeug so dicht über die Baumkronen, dass es fast so aussah, als würde es mit ihnen kollidieren.



Auf dem Weg nach Gad


Ruinele Conacului Gudenus, Gad
 

Mittlerweile ging schon die Sonne unter, aber ein letztes Tagesziel wollte ich trotzdem noch anfahren, wenn ich schon mal in der Gegend war: ein kleines Mausoleum mitten in einem Feld, das ich per Langzeitbelichtung notfalls auch mit der Taschenlampe ausleuchten könnte. Es lag zwar lediglich zweieinhalb Kilometer Luftlinie entfernt, die Anfahrt zog sich aufgrund eines Flusses ohne Brücke letztendlich aber auf einen Umweg von über 35 km - inkl. der erneuten Fahrt über den holprigen Feldweg. Wir waren froh, als wir nach den ersten neun Kilometern wieder feste Straßen unter dem Auto hatten...

Es war längst dunkel, als ich den Wagen abstellte. Vor uns ein riesiges Maisfeld und irgendwo dazwischen konnten wir im weiten Strahl der Taschenlampe die schwache Silhouette des Mausoleums ausmachen. Es war fast wie in einem Horrorfilm, als wir uns im schwankenden Licht unserer Taschenlampen durch die hohen Maispflanzen bewegten. Im Nachhinein bedauere ich es, dass ich davon keine Videoaufnahme gemacht habe.
Das turmartige Mausoleum war ringsum eingewachsen, die unteren Stufen ins Innere brüchig, die Rückseite (wo sich mutmaßlich der Zugang in die heute leere Grabkammer der Familie Nikoliki / Nikolics befinden müsste) aufgrund des dichten Bewuchses nicht mehr erreichbar; noch dazu, dass man kaum etwas sehen konnte und auf dem Boden unter den Pflanzen unzählige lose Steine lagen (reell war es wesentlich dunkler als auf meinen Fotos). Aber ich konnte per Langzeitbelichtung zumindest noch zwei Nachtaufnahmen machen.



Mausoleul familiei Nikolics


Zurück am Auto, stach und juckte es uns am gesamten Körper - und als wir uns anschauten sahen wir, dass wir über und über mit unzähligen, länglichen "Alien-Kletten" behaftet waren. Solch ein fieses Zeug hatte ich noch nie gesehen. Ihre Widerhaken zeigten in mehrere Richtungen gleichzeitig und diese robuste Klettenart war zudem derart hartnäckig und widerspenstig, dass man sie kaum entfernen konnte. Zog man daran, zerriss sogar der Stoff unserer Kleidung, unfassbar! So war die Weiterfahrt unmöglich und es blieb uns nichts anderes übrig, als uns zuvor umzuziehen.

Es dauerte nochmals fast eine Stunde, bis wir mitten in der Nacht unser Hotel erreichten und nach einer dringend notwendigen Dusche erschöpft, aber glücklich einschliefen.


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